Urlaub

Gran Canaria 2005

23.04.2005 - Ruta Romántica

Da fällt dir doch glatt nichts mehr ein! Seit heute bin ich 37. Eine Stunde später als sonst - das ist der unschlagbare Vorteil der Kanaren. Und ich habe heute einen wundervollen Tag genossen. Er begann damit, dass mich der Wecker um 6:30 h aus dem Bett katapultierte. Und das im Urlaub. Es ist schon komisch, dass man im Urlaub leichter aus dem Bett kommt, auch wenn man am Abend vorher den einen oder anderen Cocktail genossen hat. Viel Zeit hatte ich sowieso nicht, denn um 7 war ich ja schon mit meinen beiden "Alleinreisen-Mitstreitern" zum Frühstück verabredet. So kurz nach dem Aufstehen habe ich ja eigentlich nie Hunger; macht nix, denn so früh ist das Frühstück im Restaurant des Hotels noch nicht in seiner vollen Pracht aufgebaut und fällt daher auch eher recht spartanisch aus.

Um viertel vor Acht haben wir dann auf den Bus gewartet, der uns durch die Ruta Romántica führen sollte; der kam dann auch recht pünktlich. Es war ein üblicher TUI-Komfortreisebus; einige Gäste saßen schon drin; der Bus klappert mehrere Hotels ab und sammelt die Leute ein.

Zunächst ging es via Autobahn an der Ostküste entlang wieder in Richtung Flughafen und daran vorbei. Eine recht karge Gegend, mit relativ viel Industrie, hässlichen Einkaufscentern (Carre Four) und unansehnlichen Häusern. Hätte jemand behauptet, dass wir uns in den Vororten von Madrid (so zwischen Barajas und Stadt) befinden, ich hätte es ihm glatt geglaubt. Das ist wohl wahrscheinlich der Grund, warum mich diese hässliche Gegend nicht abgeschreckt hat, sondern ich mich sogar fast heimisch gefühlt habe. Dummerweise habe ich mir, glaube ich, mal wieder keinen einzigen Namen gemerkt, daher gibt's jetzt wenige Ortsangaben, sondern oft nur Beschreibungen.

Der erste Stopp findet im alten Ortskern der Stadt Telde statt, direkt an einer schönen Kirche. Von außen hat sie fast was Südamerikanisches (oder haben die Südamerikanischen nicht alle was Spanisches?), schön weiß, schlicht und einfach. Drinnen allerdings protzt die katholische Kirche mal wieder mit allerlei Prunk. Direkt geradeaus steht ein riesiger vergoldeter Altar. Telde ist mit 90.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Gran Canarias.

Bild:Urlaub auf Gran Canaria Bild:Urlaub auf Gran Canaria

Gegenüber der Kirche führt ein kleiner Weg in ein sehr kleines, fruchtbares Tal, laut unserem Reiseführer wohl der älteste Teil der Stadt. Links und rechts kleine Gärten, voll mit Bananenpflanzen, Avocado- und Papayabäumen und süßen kleinen Häusern in Weiß und Gelb/Beige mit flachen Dächern. Sehr idyllisch! Während ich die Eindrücke genieße, fragen sich die anderen Gäste, was es denn nun Aufregendes hier zu sehen gibt. Undankbares Pack, undankbares!

Mit dem Bus geht es schließlich weiter Serpentine um Serpentine immer höher. Unser Reiseleiter, im übrigen Spanier - aus Madrid, wie ich später erfahre -, macht uns auf den langsamen Wechsel der Vegetation aufmerksam. Man sieht immer mehr Blumen, gelb, blau und rot. Man sieht große Bäume, die eigentlich keine Bäume sind, sondern die Blüten der Agave, die hier überall wächst.

Wir steigen immer höher und höher, der Inselmitte entgegen. Der Bus kurvt immer weiter durch unendliche Serpentinen. Die ganze Insel scheint eine einzige Serpentine zu sein. Nadelwälder tauchen auf, Bäume mit ewig langen Nadeln, eine Art, die es nur auf den Kanaren gibt. Ihr Holz ist so hart, dass sie sogar einen Brand überleben können.

Bild:Urlaub auf Gran Canaria Bild:Urlaub auf Gran Canaria Bild:Urlaub auf Gran Canaria

An einem Aussichtspunkt gibt es wieder eine Pause, alle Gäste steigen mit Fotoapparat aus und ein wildes Geknipse beginnt. Komisch, ich wollte nie einer dieser dämlichen Touristen sein, die die Umgebung nur durch den Sucher ihrer Kamera wahrnehmen und jetzt stürze ich mich selber auf alles, was sich fotografieren lässt und latsche wie blöde in einer Herde umher. Aber es ist mir egal, denn die Umgebung ist sehr faszinierend und ich lausche gespannt der Erklärung unseres Reiseführers.

Wir stehen am Rand eines Vulkankraters, einer Caldera. Am Grund des Kraters befindet sich schon lange keine glühende Lava mehr, dort erstrecken sich nun vielmehr einige Felder, die bewirtschaftet werden.  Am Straßenrand wachsen wieder die Agaven, sie sind fast so groß wie ich. Oder sogar größer. Es ist sehr windig und schon fast empfindlich kalt, obwohl sich über uns ein strahlend blauer Himmel erstreckt.

Die Pause ist kurz und das Gekurve um die Serpentinen geht weiter. An einer Stelle - wir müssen eigentlich schon den höchsten Punkt der Insel schon hinter uns gelassen haben, denn die Wolken liegen unter uns - öffnet sich ein atemberaubender Blick auf die Nachbarsinsel Lanzarote und den Teide. Es ist atemberaubend! Wie im Nebel erhebt sich der Gipfel des Teide über den Wolken, er scheint zum Greifen nah.

Kurze Zeit später geht es dann doch wieder bergab, vorbei an blühenden Wiesen, teilweise von Vulkanasche schwarzen Abhängen, an denen ein leuchtend gelber Ginster und Klatschmohn blühen, sowie wilder riesiger Salbei. Wir sehen einige Höhlenhäuser, vorne eine unscheinbare Fassade wie bei einem normalen Haus, doch dahinter zieht sich der Raum in den Berg hinein. An einem Abhang begegnen wir einem Ziegenhirten mit seinen Ziegen und müssen warten, bis sie vorbeigezogen sind. Wir erreichen den Nordwesten der Insel und machen halt an einer Bananenplantage in Galdar, der ehemaligen Hauptstadt Gran Canarias. Dort dürfen wir ein Stück Banane probieren und unser Guide erzählt uns einiges über den Anbau der Bananen. Laut seinen Ausführungen dürfen die Kanaren die Bananen kaum exportieren, das Monopol liegt bei den südamerikanischen Ländern, deren Früchte zwar optisch größer sind, deren Geschmack aber nicht so süß ist wie der der kanarischen Banane. Seltsame Politik. Ich fasse den Entschluss, keine Chiquita-Bananen mehr zu kaufen. Mehr Macht der kanarischen Banane! Jawoll.

Mit dem Bus geht's weiter Richtung Westen. Ich bin relativ orientierungslos vor lauter Serpentinen. Berg rauf, Berg runter. Ganz Gran Canaria ist ein einziger Berg, so scheint mir. Wäre ja diesmal keine Übertreibung. Die Insel ist ja tatsächlich ein riesiger Vulkan. Nun geht's zum eigentlichen Ziel unserer Reise, der Casa Romántica. Wieder durch ein ehemaliges Fischerdorf mit unglaublich engen Gassen: Agaete, das weiße Dorf des Nordens. Es überrascht mich immer noch, dass der Bus da hindurch passt. Ich kann mich nicht daran gewöhnen.

Die Casa Romántica liegt eingebettet im Tal von Agaete und beherbergt neben einem Restaurant auch einen kleinen botanischen Garten mit einigen einheimischen Vogelarten und eine Art Mini-Völkerkunde-Museum und ist dem verstorbenen Dichter Pablo Quesada gewidmet. Die Blüten leuchten in allen Farben und die Vielfalt und Üppigkeit erschlagen mich geradezu. Ich komme mit dem Aufnehmen von Eindrücken gar nicht hinterher.

Bild:Urlaub auf Gran Canaria Bild:Urlaub auf Gran Canaria Bild:Urlaub auf Gran Canaria

Das Essen ist nicht der Rede wert, der übliche Touristen-Allerleifraß. Dabei aber durchaus lecker. Hat nur mit der kanarischen Küche noch weniger zu tun als die internationale Küche unserer Hotels, wo es zum Frühstück immerhin Tortilla gibt und abends einen sehr leckeren Gazpacho.

Nach dem Essen bin ich noch kurz durch den Garten gelaufen und habe mir die Piepmatze angesehen. Leider war keine Beschreibung dabei. Die Wellensittiche habe ich ja gerade noch erkannt, aber den Rest nicht mehr. Die Pflanzen: alles sehr üppig, bunt, voller Leben, strotzend vor Vitalität, man spürt förmlich die vitale Kraft der Vulkane. Doch was ist was? Was ist nur dekorativ wegen der schönen Blüten, was wird als Nutzpflanze angesehen? Was ist heimisch und was brachten die spanischen Eroberer? Leider auch hier kaum Beschreibungen und/oder erläuternde Worte, sondern statt dessen ein Angestellter, der den Damen Aloe Vera auf die Hände schmiert und hofft, etwas aus dem Laden an die Touristen verkaufen zu können. Zwei weitere Busladungen sind zwischenzeitlich schon eingetroffen und werden, wie zuvor auch wir, im Restaurant verköstigt.

Kaum ist der Garten besichtigt, geht's auch schon wieder weiter. Und, wer hätte es gedacht, wir winden uns wieder durch endlose Serpentinen. Diesmal direkt an der Steilküste entlang, den Gipfel des Teide aus den Wolken hervorlugend immer in Blickweite. Auf der rechten Seite des Gipfels entdecke ich ein paar dunkle Rauchwölkchen, die scheinbar senkrecht nach oben steigen. Ein Zeichen der Vulkanaktivität? Obwohl ich so viel über aktive Vulkane im Fernsehen gesehen habe, kann ich es kaum glauben, dass ich nun einen dieser Vulkane vor Augen haben soll. Welche Auswirkungen ein derartiger Vulkan hat, kann man an Gran Canaria beobachten und ich rede nicht von den verheerenden Folgen eines Ausbruchs, sondern von der Kraft und Vitalität, die dieses Feuer aus dem Inneren der Erde hervorbringt. Auf Gran Canaria spürt man die ungezügelte Kraft des Lebens. Es ist unglaublich, dass ein anscheinend so lebensfeindliches Element wie das Feuer als Lava zeitgleich so gewaltig in Form von schroffen Steilküsten, tiefen Steinschluchten, unendlich weiten Sanddünen in Erscheinung tritt und eine derartige Pracht an Leben hervorbringt. Gran Canaria hat keine großen Räuber, keine giftigen Insekten, innerhalb von wenigen Kilometern wechselt man ganze Klimazonen, alles ist so kraftvoll, gewaltig und wunderschön, dass es einem schier den Atem raubt. Ein wundervolles Thema für ein Buch... ;-)

Die Straße an der Steilküste erscheint endlos. Überall wachsen Pflanzen, selbst an senkrechten Felswänden. Man sieht die Spuren, die das Wasser auf dem Weg von den Gipfeln in Richtung Meer ins Gestein gegraben hat. Auf der rechten Seite der schmalen Straße, tief unter uns, erstreckt sich das blaue Meer und schäumt weiß an den Stellen, an denen die Wellen gegen die Felsen branden. An einer Stelle legen wir wieder eine kurze Pause ein und können uns von oben aus die Steilküste genauer anschauen. Der Aussichtspunkt ist durch eine dicke Steinmauer geschützt, ich wage mich nicht allzu weit vor, daher kann ich nicht nach unten sehen. Mir fällt wieder auf, was mir am Meer fehlt, seit ich hier eingetroffen bin. Ich kann es nicht riechen! Es irritiert mich schon die ganze Zeit. Das Meer verbinde ich immer mit einem ganz bestimmten Geruch: leicht salzig, wieder Duft von mariniertem Fisch, der gegrillt wird, die Luft schwer und feucht, als würde sie sich am Meer vollsaugen und es ins Landesinnere tragen. Aber hier ist die Luft trocken, es klebt kein Salz auf der Haut.

Die Bustour führt nun wieder zurück ins Landesinnere. Wir erreichen die Gebiete, in denen reichlich Tomaten in Gewächshäusern herangezogen werden. Unser Guide erzählt uns, dass der Anbau von Tomaten relativ teuer ist, da sie zum Gedeihen relativ viel Wasser brauchen, was aber auf den Inseln ein kostbares Gut ist, das derzeit hauptsächlich für den Tourismus abgezweigt wird. Bei Dumpingpreisen auf dem Markt, z.B. durch die billigen holländischen Tomaten, rentiert sich auf Gran Canaria teilweise nicht einmal mehr das Abernten, so dass die Tomaten einfach auf einen Haufen geworfen und an Ziegen verfüttert werden. Anderswo verhungern Menschen - verkehrte Welt!

Etwas später erreichen wir eine Stelle, an der das Gestein der Insel an einem Steilhang durch die enthaltenen Materialien ein prächtiges Farbenspiel bietet. Es sieht aus wie eine Sahnetorte mit pastellfarbenen Streifen in Vanille, rosa und grün.

An einem Lokal wird wieder eine Pause eingelegt, wir bekommen frisch gepressten Saft bestehend aus Mango, Orange und Banane (das meine ich jedenfalls herauszuschmecken). Der Barkeeper ist endlich mal einer, den es irritiert, dass ich Spanisch spreche.

Ich entschließe mich, die DVD zu kaufen, die der Reiseveranstalter anbietet und für die extra ein Mädel mit einer Videokamera mitgefahren ist. Eine sehr nette junge Ukrainerin, die seit sieben Jahren auf Gran Canaria lebt. Die ganze Fahrt über strahlt sie über das ganze Gesicht und freut sich über jede Sehenswürdigkeit, obwohl sie das alles bestimmt schon in- und auswändig kennt. Es überrascht mich etwas, dass fast alle Touristen aus dem Bus eine DVD oder Videokassette kaufen wollen. Nicht jeder übt sich wie ich im Schreiben und möchte das Band dafür als Erinnerungsstütze verwenden. ich finden den Preis von 35,- Euro zwar happig, aber man gönnt sich ja sonst nix... ;-)

 

Vorwort

Anreise

Puerto de Mogán

 

 

Letzte Aktualisierung am 24.04.2007